Es riecht nach Eisen

Die Magie des Eisens, entstanden durch die Feuerberge am Fuße der erkalteten Basaltkappe, dem Leib der Erde abgerungen durch in ihren Tiefen grabende Zwerge, die es wiederrum mit Feuer zu Stahl schmelzen, um daraus grobes oder edles Zeug zu schmieden, welches der Menschen Begier weckt, ist und bleibt Stoff für unsere Mythen die immer noch Generationen faszinieren, verstören und erschrecken.

 

Unsere Kindheit, für immer verloren geglaubte Zeit, sie bleibt in unserer Erinnerung verklärt. Ihr Zauber hält uns bewusst und unbewusst ein Leben lang zugleich gefangen und am laufen. Die stählernen schwarzen Lokomotiven, die zischend und pfeifend trichterförmige weiße Dampf- oder schwarze Rußwolken in den blauen Himmel aufsteigen lassen wie riesige Flaschengeister, endlose Waggons hinter sich her ziehend, deren Leiber mit dem körnigen Roherz gefüllt sind, wie oft habe ich ihnen beim rangieren zugesehen. Kreischende Bremsen, Stahlräder auf Schienensträngen, die von der aufgerissenen Erde dieses rotbraune Erz fortbringt, Erde, die nach Eisen riecht.

 

Ich kenne diesen Geruch, weiß auch, wie die Schmiede, die Maschinenwerkstatt, die Sägehalle roch, ich kenne die Schnappschüsse von den zugeschütteten Stollen und Schächten, die mein Gehirn versteckt hält, die verschachtelten Gebäude, Türme, Hallen, Gänge, Tore, Treppen und Leitern, dunklen verfallenen Palästen gleichend.

 

Jahre später hat sich die Natur erholt von dem gewaltsamen Eindringen des Menschen, sie heilt sich selbst und hinterlässt viele Narben, die wir heute versuchen wollen zu ergründen.

 

Nehmen Sie die schmerzliche Plackerei der „Zwerge“ – Kleinwüchsige und Kinder mit Öl - und Talglichtern und zipfelförmigen strohgestopften Lederkappen, die die spätere Industrialisierung und maschinelle Ausbeutung der Erzminen am Rande des Vogelsbergs erst möglich machten.

 

Über 100 Jahre lang wurden mit dem Eisenerzabbau neue Strukturen geschaffen im dörflich-landwirtschaftlich geprägten Seenbach - und Ohmtal bis hinein in die Rabenau, welche den Menschen neue Arbeit, Lohn und Brot spendeten.

 

Eben diese Geschichte der Narben aus jener Zeit gilt es zu bewahren, den Prozeß einer sich verändernden Welt am Beispiel einer regionalen Historie erfahrbar zu machen.

 

Es war eine Zeit, wo man mehr auf Schienen bewegte, Menschen eher reisten als fuhren, Waren und Rohstoffe hinfort rollten auf den behäbig stampfenden und dampfenden Stahlrössern, denen man aufmerksam hinterherschaute wie sie sich entfernten und langsam kleiner wurden, so muß es gewesen sein einst für die Indianer in der neuen Welt.

Eisen, der Stoff aus dem die Vergangenheit und die Zukunft besteht, lassen Sie uns gemeinsam an einer Episode der Geschichte teilnehmen, die diese Region einst prägte und unser heutiges Leben mit begründete, und spüren sie nochmals die Kraft dieses mythischen Materials, das uns über die Jahrhunderte todbringende waffenstarrende Schrecken aber auch segensreichen Fortschritt und Wohlstand spendete.

 

 

Michael Fliegl 

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