Liebe Freundinnen und Freunde des Kunstturm Mücke!
Nach den im letzten Jahr sehr gut besuchten Ausstellungen von Line Krom und Evangelos Papadopoulos im Kunstturm (inkl. Ausstellungskatalogen) möchten wir für 2023 an dieser Stelle wieder zwei interessante neue Projekte ankündigen.
Für Frühjahr haben wir Conrad Meier aus der Schweiz eingeladen.
„In Mücke werde ich vor allem neuste Arbeiten zeigen, und wenige Arbeiten von den Jahren davor. Mein Arbeitsprozess beginnt mit der Papierauswahl, es handelt sich um Büttenpapiere aus 100% Baumwolle. Das wertvolle Papier wird in höchster Konzentration 1x zerrissen. Nun startet der Versuch, diese zwei Teile zueinander in Beziehung zu setzen. Es soll etwas Neues entstehen. Die Zusammengehörigkeit der beiden Papierfetzen soll lesbar sein. Es sind keine Collagen im üblichen Sinne. Ich bearbeite nur die Teile, des zuvor ganzen Blattes und füge sie Neu zusammen, es entsteht ein neuer Umriss. Es geht um Unmittelbarkeit, um das Erlebnis der Entdeckung.“ so Conrad Meier.
Im Herbst werden wir Sinja Kempers Ausstellung „Fallline“ zeigen.
„Der Kunstturm Mücke ist ein ungewöhnlicher Schmelzpunkt: Hier trifft Industriegeschichte auf moderne Kunst. Der ehemalige Verladeturm der früheren Erzwäschestation in Mücke bietet seit 2009 einen besonderen Ausstellungsort. So kennzeichnet ihn eine gewisse Durchlässigkeit: In seinem von drei Seiten mit Fensterscheiben umgebenen länglichen Raum ist Begegnung, ein Bezugnehmen von innen und außen möglich. Gleichzeitig bietet er mit drei fast geschlossenen Wänden, die eher hüllenden Charakter haben, genügend Fläche um Werke in intimerer Atmosphäre zu präsentieren. In meiner künstlerischen Arbeit interessiere ich mich unter anderem für innere Gesten, die von Kontakt erzählen. „Es begegnen sich Gegensätze. Aber es geht auch um Begegnung an sich. Sie sehen überall, dass sich Formen durchdringen. Kommen sie gerade zusammen? Oder lösen sie sich voneinander? Dazwischen entstehen Zwischenräume. […] Das Leben ist immer in Bewegung, es verwandelt sich fortwährend. Wenn es erstarrt, wird es krank oder stirbt. Leben ist Bewegung und Begegnung. Von beidem handeln diese Zeichnungen.“ (Miriam Wahl, Eröffnungsrede zur Ausstellung frágil). Mal zerbrechlich-schwebend, dann wieder linear-geerdet erforsche ich dieses spannungsvolle Feld in verschiedensten Formaten. Dabei nutze ich überwiegend Materialien wie Tusche und Aquarell auf Papier, aber auch meine Kamera, um neue Perspektiven auf die Realität zu ermöglichen. „Wir sind ein Verbinden und Verweben, Randloswerden und Durchdringen von Strukturen. Landschaften ohne Bezeichnung und lineare Abbrüche als Gestalten. Das Andere, das mich anblickt – und ich blicke zurück.“ (Eva Clara Tenzler, Ausstellungskatalog zu PENNY STOCKS). Die kommende Ausstellung soll den Begegnungscharakter des Kunstturmes aufgreifen und sich auch inhaltlich mit Kontakt im weitesten Sinne auseinandersetzen. Noch ist unklar, welche Arbeiten ausgestellt werden. Die Erarbeitung des Ausstellungskonzeptes verstehe ich als eigenständigen künstlerischen Prozess. So möchte ich einige Zeit vor Ort im Kunstturm und der Region verbringen, so dass die Ausstellung in der Atmosphäre des Raumes, der Umgebung und ihrer Geschichte langsam reifen kann.” so Sinja Kemper zu ihrer geplanten Ausstellung.
Wir freuen uns auf viele Besucher.
Und erzählen Sie es gerne weiter.
Der einstige Verladeturm an der früheren Erzwäschestation in Mücke ist einer der auffälligeren Reste der ehemaligen Infrastruktur des Erzabbaus in der Vogelsbergregion. Er gehört mit versteckten Weihern, verschütteten Stollen und brachliegenden Schienenstrecken zu den Zeugen einer bis 1967 betriebenen industriellen Aktivität in der Region, deren aktive Gebäude und Strukturen für manche noch Teil der Kindheitserinnerung sind. Vielen Jüngeren jedoch ist dieser Teil der Regionalgeschichte unbekannt oder es existiert nur ein bruchstückhaftes Wissen über diese einstmals für die Region so wichtige industrielle Aktivität.
Der Verein kunst_turm_mücke e.V. wurde im Jahre 2005 gegründet mit dem Ziel, ein Kulturforum für Regionalgeschichte und zeitgenössische Kunst in diesem Gebäude zu schaffen. Das in 3-jähriger Bauphase neu gestaltete Gebäude verbindet drei Stränge der Überlegungen:
Der am 21.03.2009 eröffnete Bau bietet ein architektonisch / bauhandwerkliches, ein regionalgeschichtlich / touristisches und ein zeitgenössisch / künstlerisches Forum.
Der Zugang zum Ausstellungsraum ist behindertengerecht.
2005 wurde in Mücke der Verein kunst_turm_mücke gegründet. Er setzte sich zwei Schwerpunkte. Zum einen die Beschäftigung mit der Geschichte des Erzbergbaus im Vogelsberg in seinen vielfältigen Aspekten. Zum anderen die Beschäftigung mit Arbeiten zeitgenössischer Künstler, die sich, konkret oder abstrakt, auf diesen Themenkomplex beziehen.
Seit Sommer 2009 betreibt der Verein ein eigenes Ausstellungsgebäude. Es liegt auf dem Gelände einer ehemaligen Betriebseinrichtung der Gewerkschaft Louise, Brauneisenstein-Bergwerke Merlau, gegenüber der Gesamtschule und dem neuen Hallenbad Aquariohm. Hier befand sich die letzte Erzaufbereitungsanlage. Gewaschenes, klein gemahlenes Erz wurde in einem Turm zwischengelagert, bevor es zur Bahnverladung abtransportiert wurde.
Die Ruine dieses Siloturmes wurde saniert und durch einen Anbau erweitert. Das gelang mit der tatkräftigen Hilfe örtlicher Handwerker und der finanziellen Unterstützung durch zahlreiche Sponsoren und das Land Hessen. Der alte Turm und der neue Anbau sind ein markantes Sinnbild. Ein stimmiger Rahmen, um in wechselnden Ausstellungen die beiden Seiten der Vereinsarbeit sichtbar und öffentlich zu machen. An diesem Ort wird die Vergangenheit wieder gegenwärtig. Die Bergwerksarbeit mit Hacke und Schaufel, die Pferdewagen, Seilbahnen und Eisenbahnen, die Abraumhalden und längst verfüllten Schlammteiche, die aufgelassenen Gruben und Schlackenhalden. Die bedrängte Lage der Bevölkerung zu Beginn der Industrialisierung, die Flucht in Auswanderung, aber auch die Erschließung neuer Verdienstmöglichkeiten und sozialer Errungenschaften. An diesem Ort eröffnen Künstler ganz sinnlich die plastisch-objekthaften Dimensionen von Eisen und Erde und die vielen Schattierungen ihrer Farbpigmente. Mit Installationen, Fotografien und Bildern zeigen sie uns ihre Sicht auf Natur und Umwelt, auf menschliche Eingriffe, auf Veränderung und Zerstörung. Sie verblüffen uns mit ungewohntem Blick auf Alltägliches, schärfen so unsere Wahrnehmung, geben Anregungen und machen nachdenklich.
Bereits in den 90er Jahren hat der Kulturring Weickartshain Material zur Geschichte des Erzbergbaus in unserer Umgebung gesammelt, gesichtet und Geländeerkundungen unternommen. Auf Initiative des Kulturring, zusammen mit regionalen Zeitzeugen und Mitgliedern des kunst_turm_mücke wurden in den letzten Jahren die Erzwanderwege Süd und Mitte entwickelt. Diese Wege folgen den Spuren und Relikten dieser Epoche. Sie machen eindrücklich deutlich, wie stark sie das Gesicht dieser Landschaft gezeichnet hat. Die Vernetzung und Kooperation mit Vereinen, Schulen und Museen, mit Einrichtungen der Gemeinden und des Kreises und nicht zuletzt die persönlichen Begegnungen geben unserer Arbeit immer wieder neue Impulse die unser Programm erweitern und vertiefen. So ist auch dieser Kalender entstanden.
1. Vorsitzender: Volker Schönhals
2. Vorsitzende: Inge Frank
Schriftführer: Lutz Menzel
Rechner: Hartmut Tappe
Künstlerische Leitung: Thomas Vinson und Volker Schönhals
kunst_turm_mücke e. V.
Heegstr. 40 (außenliegend)
35325 Mücke-Merlau
E-Mail: kunstturmmuecke@gmx.de
Telefon: 0172 1365286